Dijon – “folgt dem Flug der Eule!”

“Welch schöne Stadt!”, hat der Ritterkönig Franz I.* ausgerufen, als er Dijon sah, wobei er besonders von der großen Zahl der Türme beeindruckt war, die es hier früher gab. Die im Osten Frankreichs liegende Hauptstadt des Départements Côte-d’Or ist zugleich die Hauptstadt der Region Bourgogne-Franche-Comté. Dijon, mit ungefähr 150 000 Einwohnern ist ein Verkehrs-, Handels- und Industriezentrum, aber auch Sitz der Université de Bourgogne, die 1722 gegründet wurde. Bereits in römischer Zeit lag Dijon an einer wichtigen Fernstraße, deren Reste sich nördlich der Stadt bei Bretigny erhalten haben. Heute liegt die Stadt an der A 31 (Beaune-Luxemburg) und ist Ausgangspunkt der A 38 nach Paris und der A 39 in Richtung Bourg-en-Bresse.
Der Besucher trifft auf ein gepflegtes historisches Zentrum mit pittoresken mittelalterlichen Häusern, prachtvollen Gebäuden aus dem 17. und 18. Jahrhundert, auf reich ausgestattete Gotteshäuser, viele Grünanlagen und Fußgängerzonen. Besondere Bedeutung hat hier der Weinbau der Côte de Nuits, eines Gebietes, das in unmittelbarer Nähe von Dijon liegt – und natürlich der leckere scharfe Tafelsenf, der nach der Stadt benannt ist.
Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft – in Dijon sind alle Zeiten harmonisch vereint.

*Franz I., auch genannt der Ritterkönig, war ein französischer König aus dem Haus Valois-Angoulême, einer Nebenlinie des Hauses Valois. Er wurde am 25. Januar 1515 in der Kathedrale von Reims zum König von Frankreich gesalbt und regierte das Land bis zu seinem Tod 1547.

Die kleinen Bilder können durch Anklicken vergrößert werden!

Die buntglasierten Dächer sind typisch für die Region Burgund

Dijon – vor dem 10. Jahrhundert

Vor dem 10. Jahrhundert war Dijon ein bescheidenes Städtchen. Erst als Hauptstadt der Großen Herzöge von Valois kam es zu Ruhm und Ehre. Bei den Grands Ducs (14. – 15. Jh.) handelte es sich um Philipp den Kühnen, Johann Ohnefurcht, Philipp den Guten und Karl den Kühnen.
Nach dem Tode Karls des Kühnen fiel die Stadt mit dem gesamten Burgund an Frankreich zurück. Das heutige historische Zentrum zeugt mit seinem Reichtum an Gebäuden und Museen noch von dieser Zeit.

Die während der Revolution leider zerstörte Sainte-Chapelle der Herzöge: Hier traf sich der Orden vom Goldenen Vlies, den Philipp der Gute 1429 gegründet hatte (Reaktion auf die Zerschlagung des Templerordens durch Philipp den Schönen.)
Linkes Bild: La Sainte-Chapelle du palais des ducs de Bourgogne, Detail einer Ansicht des Palasts 1688 von Jules Hardouin-Mansart.

Die vier Großen Herzöge machten Dijon zu ihrer Hauptstadt

Die Kathedrale von Dijon – wo man von unzähligen Wasserspeiern und vom Teufel persönlich begrüßt wird …

Notre-Dame de Dijon ist ein gotisches Bauwerk. Die Arbeiten wurden im Jahr 1230 begonnen und endeten im Jahr 1251. Die ungewöhnliche Westfassade zeigt über der schmalen offenen Vorhalle (Narthex), die in das Gebäude integriert ist, zwei Geschosse von Arkadenreihen, mit drei Reihen von Gargoyles (Wasserspeiern). Flankiert wird die Fassade von zwei säulenartigen runden Türmen.
Zum Teufel: Die Löcher in den Mundwinkel dienten früher als Schließbleche für die alten Schlösser der beiden Türflügel. Der eiserne Ring zwischen seinen Zähnen bedeutet, dass das Böse an den Eingang der Kirche gekettet bleibt! Also keine Angst beim Eintritt in die Kathedrale! 🙂

Notre-Dame du Bon-Espoir – Die Schutzherrin von Dijon

Die Schwarze Madonna von Dijon ist eine Besonderheit. In meinem Roman “Talmi”, in dem eine kleine, bunt zusammengewürfelte Reisegruppe erstmals Dijon besucht, wird die Madonna vorgestellt:

“Nach der Eucharistiefeier leerte sich zwar die Kathedrale, die berühmte Madonna jedoch, mit einer steifen weißen Robe bekleidet, war jetzt von gläubigen Frauen regelrecht belagert. Lisa hatte Mühe, auch nur einen Blick auf das längliche, wilde Gesicht zu werfen, das aus dem zeltartigen Gewand lugte.
‘Wieso hat sie eigentlich kein Kind auf dem Arm?’, flüsterte Anne-Sophie.
‘Hier hast du die Antwort’, sagte Walter hinter ihrem Rücken, “es ist noch nicht geboren!”
Alle starrten auf die Kunstkarte, die er inzwischen gekauft hatte. Auf ihr war die Madonna in ihrem Originalzustand zu sehen, so wie der Künstler sie vor nahezu tausend Jahren aus dunklem Holz geschnitzt hatte: Ein nackte hochschwangere Frau mit schweren Brüsten …”

“Talmi”, Helene L. Köppel, S. 86 ff


Der Autor Ean Begg, der sich ausgiebig mit den Schwarzen Madonnen befasst hat, beschreibt die Dijon-Madonna folgendermaßen:

Notre-Dame du Bon-Espoir*, auch du Rapport oder du Marche, in der Kirche von Notre Dame, Dijon. Eichenfigur aus dem 12. Jh., im Unterschied zu anderen Schwarzen Madonnen Hängebrüste und vorstehender Bauch. Sie ist mit galloromanischen Statuen von Kybele und Isis verglichen worden, wirkt jedoch eher wie eine germanisch-keltische “gute Hexe”.

* gute Hoffnung

The Cult of The Black Virgin”, London 1985

Folgt dem Flug der Eule … (aus “Talmi” …)

‘Es soll hier eine Eule geben, Madame, die eng mit der Geschichte von Dijon verbunden ist? Haben Sie davon schon gehört?’, fragte Lisa eine Passantin.
‘Mais qui’, antwortete die Französin und deutete mit dem Silberknauf ihres Stocks auf den Gehweg. ‘Sie sind im Begriff, auf eine zu treten.’
Erschrocken zog Lisa den Fuß zurück und starrte auf den Trottoir, wo in fast jeder zweiten Steinplatte eine kleine Messing-Eule eingelassen war, was sie bei ihrer Ankunft übersehen hatten. ‘Ein Wegweiser?’, fragte sie die Dame.
‘Der wohin führt?’, hakte Walter Schilcher nach, das graumelierte Haar noch feucht vom Duschen. Unbemerkt hatte er sich an Lisa herangepirscht. Hinter ihm drängten lachend Nigel, Frédéric und Anne-Sophie aus dem Hotel. Die alte Frau sah zu Walter hoch und lächelte ihn verschmitzt an. Dann deutete sie erneut mit ihrem Gehstock auf den Boden: ‘Zur ehrwürdigen Chouette, Monsieur, die demjenigen Glück bringt, der sie streichelt. Folgt dem Flug der Eule!”

“Talmi”, Helene L. Köppel, S. 86 ff

Die Eule von Dijon, die sich an der Außenmauer der Kathedrale, in der benachbarten Rue de la Chouette, an einem Pfeiler befindet, ist heute sehr alt und schon ganz mager vom vielen Streicheln. Sie wird mindestens ebenso “verehrt” wie die Schwarze Madonna, denn zwischen beiden gibt es einen Zusammenhang:
Es heißt, die Menschen in alter Zeit hätten die Virgo paritura, also die noch gebärende Jungfrau, auch in Gestalt einer weisen Eule verehrt.

Ganz wichtig: Damit die Eule Glück bringt, sollte man sie mit der linken Hand streicheln! 🙂

Abschied von Dijon – und vom Ritterkönig Franz I.

Weitere Sehenswürdigkeiten:

Herzogspalast,
Musée des Beaux-Arts,
Kirche Saint-Michel,
Musée Magnin,
Justizpalast,
Kathedrale Saint-Bénigne,
Archäologisches Museum,
Kirchen Saint-Philibert und Saint-Jean,
Jardins de l` Arquebuse
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Jährliche Veranstaltungen in Dijon:

Mai: “Jazz in der Stadt”, “Theater im Mai”,
Juni: “Musiksommer”; Festival “Estivade”,
September: “Festival der Abenteuerfilme”, “Open du Rock” sowie Festival Nouvelles Scènes – Theaterfestspiel.


Übrigens: Die besondere Qualität des Dijon-Senfs, der angeblich auf das 13. Jahrhundert zurückgeht, wurde einst auf den Burgunderwein der Region zurückgeführt. 


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