Kybele – eine Göttin, viele Namen
Melkart (Foto HLK 2025 /Cádiz)) Kybele (Foto Marshall Astor, Getty Villa)
“Eine Göttin, viele Namen” besagt, dass in der Antike viele Gottheiten in vielen Ländern mit unterschiedlichen Namen verehrt wurden.
In meinem Roman “Talmi” (1. Auflage 2014, 2. Auflage 2023), mache ich dies am Beispiel der “vielnamigen” Magna Mater Kybele deutlich:
Die alten Phrygier nennen mich Kybele – die Göttermutter, für die Athener bin ich die Artemis, für die Bewohner von Zypern die Aphrodite … und für die Bewohner von Eleusis ihre alte Mutter des Getreides, nämlich Demeter. Manche kennen mich als Juno, manche als Bellona der Kämpfe, andere als Hekate, wieder andere Agdistis oder Nana – und für die Ägypter, die sich mit altem Wissen hervortun und mich mit angemessenen Zeremonien verehren, nennen mich bei meinem wahren Namen, nämlich Königin Isis.
((Talmi, Helene Luise Köppel, Seite 50 ff; Quelle: Der Goldene Esel des Apuleius)
Kybele – die Große Göttermutter vom Berg Ida
Kybele stammte der Überlieferung nach aus Phrygien – in der Antike eine Region im westlichen Zentral-Kleinasien, in der heutigen Türkei.
Später wurde sie auch von den Römern verehrt, wo man sie Magna Mater deorum Idaea nannte:
Große Göttermutter vom Berg Ida.
Ihre Attribute:
Mauerkrone, Löwen, Blumen, Schlüssel, Glöckchen, Tympanon
Mauerkrone der Kybele
Kybele Barockgarten Groß-Sedlitz, Sachsen, Foto: Lieberknecht Werner Kybele-Büste, Neuss/Reiss-Museium, Mannheim)
Kybele als Löwenreiterin, Fundort Köln, St. Severin Kybele auf Thronsessel, Fundort Gauting/Kreis Starnberg
Die Mythen
Die alte Muttergöttin Kybele firmiert nicht nur unter vielen Namen –
es existierten auch viele Mythen über sie.
Über einen vor allem in Phrygien weit verbreiteten Mythos berichtet der
Historiker DIODOR
(1. Jh. n. Chr.):
Dindyme (ein Name, der mit dem Gebirge Dindyme zusammenhängt und öfters die große Göttin selbst bedeutet) gebar ihrem Manne Maion, der König über Lydien und Phrygien war, eine Tochter. Der König lässt sie auf dem Berge Kybelon aussetzen. Dort wird sie von wilden Tieren ernährt; dann nehmen Frauen sie mit sich und ziehen sie auf. Sie heißt jetzt Kybele.
Als Erwachsene verliebt sie sich in einen schönen Jüngling mit Namen Attis oder Paps (Papas).
Während ihrer Schwangerschaft wird sie von ihren Eltern wiedererkannt. Der König lässt Attis töten und mit ihm die Frauen, welche Kybele erzogen hatten. Ihre Leichen bleiben unbestattet liegen.
Wie in Griechenland die Göttin Demeter überall ihre geraubte Tochter suchte, so zieht auch Kybele, das Tympanon – eine Art Tamburin – schlagend, durch das phrygische Land, das jetzt von Pestilenz und Teuerung heimgesucht wurde. Denn das Orakel hatte dem Volk befohlen, Attis zu suchen, zu begraben und Kybele fortan zu ehren.
Da aber Attis Leichnam verschwunden war, verfertigten sie ein Bild des Jünglings, um das sie jährlich zur Sühne für den Frevel eine Trauerfeier veranstalteten.
Der Kybele bauten sie Altäre und brachten ihr jährliche Opfer dar.
In Pessinus wurde ihr ein prächtiger Tempel errichtet.
Quelle aus:
Kleine Schriften zur Kenntnis der römischen Besetzungsgeschichte Südwestdeutschlands Nr. 23
Silberschale mit Kybele-Büste, Hildesheimer Silberschatz Silberschale mit Attis-Büste, Hildesheimer Silberschatz
Der Kybele/ Attis Kult – auch in Germanien
Die Prozessionen zu Ehren von Kybele und Attis fanden im römischen Verbreitungsgebiet immer im März statt.
Es waren Frühlingsfeiern zum Gedenken an den Tod und die Auferstehung des Hirten Attis.
Für die Gläubigen war seine Auferstehung eine Verheißung ewigen Lebens.
Auch im römisch besetzten Germanien (entlang des Limes) hat man dem Kybele-Attis-Kult gehuldigt, was durch Funde belegt ist.
Am Beispiel Neuss (damals Novaesium) konnte nachgewiesen werden, dass diese Verehrung bereits ab der 2. Hälfte des 2. Jh nach Christus verbreitet war.
In Deutschland scheint der Kybele-Kult nach und nach die frühere Verehrung der einheimischen Matronen, also der Muttergöttinnen der Nordeuropäischen Volksstämme, abgelöst zu haben.
Es gab ja Gemeinsamkeiten: Alle bekannten Muttergottheiten trugen als Zeichen ihrer Fruchtbarkeit Früchte, Blumen und/oder Tiere in ihrem Schoß.
Kybele setzte sich von den einheimischen Matronen jedoch in einer Hinsicht ab:
Sie wurde stets im Zusammenhang mit ihrem mythischen Geliebten und Gemahl Attis gesehen –
der seinerseits, der damaligen Mode folgend, auf Abbildungen stets die sog. Phrygische Mütze* trägt.
Kybele mit Löwe, Ähre, Tier u. Glöckchen, Nijmegen Attiskopf, Pfeilergrab bei Kirchentellinsfurt
Die Phrygische Mütze
Die phrygische Mütze, s. Foto oben, war ursprünglich ein gegerbter Stier-Hodensack samt Fellstück. Nach der Vorstellung der Griechen sollte ein solches Kleidungsstück die besonderen Fähigkeiten des Tieres auf seinen Träger übertragen.
Während der Französischen Revolution wurde die phrygische Mütze von den Jakobinern als Ausdruck ihres politischen Bekenntnisses getragen. Sie glaubten jedoch irrtümlicherweise, dass die phrygische Mütze in der Antike von freigelassenen Sklaven getragen worden wären. Diese trugen jedoch eine Pileus-Kappe.
Während der Französischen Revolution (1787-1799) wurde die Phrygische Mütze als “Rote Freiheitsmütze” (Bonnet rouge) bekannt – ein Symbol der Freiheit und der Treue.
Kybele – die Schutzgöttin von Madrid
Mitten in Madrid, auf dem nach ihr benannten verkehrsreichen Platz (Plaza de Cibeles) befindet sich der Brunnen Fuente de Cibeles.
Hier sitzt die Göttin Kybele – die Schutzgöttin von Madrid – auf einem stolzen Wagen, der von zwei Löwen gezogen wird.
Der prachtvolle Brunnen (im Foto beleuchtet) wurde im Jahr 1782 errichtet.
Verantwortlich für das Kunstwerk waren die Bildhauer Francisco Gutiérrez und Roberto Michel sowie der Dekorationsmaler Miguel Ximénez.
Zum Vergleich das Melkart-Herkules-Denkmal in Cádiz. Auch er wird von zwei Löwen begleitet.
Melkart-Herkules Cádiz
Die Bavaria – die heimliche Kybele der Theresienwiese?
Dass Kybele auch hinter der “bayrischen Göttin” Bavaria steckt (Mauerkrone, Löwe?) wird freilich abgestritten.
Die Bavaria sei “durch und durch bayrisch”, heißt es selbstbewusst vor Ort.
Dennoch bleibt auch diese Erzählung spannend:
Denn nicht alle Geheimnisse, die die Große Göttermutter Kybele, Attis – oder Melkart–Herkules umgeben, sind aufgedeckt!
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