Collioure – die Eremitage

Im Hinterland von Collioure liegt eine alte Einsiedelei – die Eremitage de Consolation – deren Ursprung auf das 10. – 12. Jahrhundert zurückgeht. Der idyllisch gelegene Ort ist mit dem Auto – aber besser noch zu Fuß über den alten Pilgerweg erreichbar, der durch die Weinberge von Collioure führt und eine herrliche Panoramasicht bietet.

Die alte Einsiedelei besteht aus drei Gebäuden, von denen eines bewirtschaftet ist. Der schattige Innenhof, in dem sich Hühner, Schafe, Ziegen, aber auch Esel aufhalten, lädt zur Rast ein.

Hier der etwas versteckte, unscheinbare Eingang zur Kapelle, deren Tür aber stets geöffnet ist … Eintritt frei.  Man sollte allerdings einige Euro-Münzen in der Tasche stecken haben, wenn man nicht im Dunkeln stehen will.

Wie wichtig den Menschen in und um Collioure das Meer und die Fischerei war, sieht man am nächsten Bild: Ein Schiff baumelt von der Kapellendecke!

Ein wahres Sammelsurium an Bildern und Heiligenfiguren …

… und an Votivgaben, wie z.B. von Kreuzfahrern oder anderen Fernreisenden mitgebrachte Krokodile – als Dankesgabe für die Errettung aus der Not:

Die im Süden Frankreichs schon fast obligatorische “Schwarze Witwe” (s. mein Roman “Die Affäre C.”) fehlt auch hier nicht:

Ein Rätsel?
Lange Zeit wusste ich tatsächlich nicht, was es mit dem Römischen Soldaten (nächstes Foto) auf sich hatte:

Aber: “Nichts ist so schwierig, als dass es nicht durch Nachforschen aufgespürt werden könnte”, sagt Terenz, und er hat recht:

Es handelt sich um den Heiligen Expeditus, den Anführer einer römischen Legion, der unter Diokletian (4. Jh) für seinen Glauben gemartert wurde. Auf dem Kreuz, das er in der Hand hält, steht das für ihn als Christen wichtige “Hodie” – was “heute” bedeutet.

Mit dem Fuß hingegen zertritt der Heilige Expeditus den Unglücksbringer – einen heidnischen Raben, der “Cras, Cras” schreit – was “morgen, morgen” heißt.

Möglicherweise steckt hinter der Rabengeschichte der alte Mithraskult, der im Römischen Reich weit verbreitet war In ihm spielte der Rabe – das Symbol für den 1. Grad der Weihe – eine wichtige Rolle.(Anmerkung: Im Jahr 1906 wurde der Heilige Expeditus von Rom aus dem Heiligenkalender gestrichen.)

(Abbildung: Mithras begleitet vom Raben, links oben. Fresko mit Stiertötungsszene aus dem Mithräum in Marino, 2. oder 3. Jahrhundert)

Die Eremitage von Collioure ein heidnischer Kultort?

Der Legende nach befindet sich die Einsiedelei von Collioure tatsächlich auf einem alten heidnischen Kultort. Nachstehend – voilá – das Foto der ursprünglich Neptun geweihten Quelle:

Danke für Ihr Interesse und

Au revoir!

 

Übrigens: Die Burg von Collioure und die hier vorgestellte Einsiedelei werden in meinem Roman “Sancha: Das Tor der Myrrhe” thematisiert.

 

 

 

 

Galamus-Schlucht und ein heidnisches Rätsel

Die Galamus-Schlucht – oder das große Zittern!

Ein Wohnwagen sollte einem besser nicht entgegenkommen, wenn man sich mit dem PKW durch die Galamus-Schlucht wagt – eine der atemberaubendsten Schluchten Frankreichs!

Die überaus kurven- und felsenreiche Passage,  die ein spanischer Bauunternehmer, namens Ventura, gemeinsam mit seinen fünf Arbeitern gebaut hat  (mit Spitzhacke und Schaufel und reichlich Dynamit), erstreckt sich zwar “nur” über zwei Kilometer, ist aber nichts für empfindliche Mägen oder schwache Nerven. Zwar gibt es einige Ausweichbuchten, wenden oder zurückfahren ist jedoch nicht möglich.

Eine Passage lohnt sich dennoch, egal in welche Richtung, und am besten natürlich zu Fuß – wie einst die Katharer! Die Galamusschlucht liegt nämlich in der Nähe ihrer Fluchtburgen und damit im Herzen der Corbières, einer der schönsten und geheimnisvollsten Gegenden Südfrankreichs (Departements Aude und Pyrénées Orientales).

(Foto Michael Meurer)

Die gesamte Region rings um die Galamus-Schlucht ist heute ein Naturpark.

(Foto Michael Meurer)

Wer sich virtuell auf den Weg durch die Galamus-Schlucht machen möchte – der kleine you-Tube-Film meines Freundes Michael Meurer (dankeschön!) macht es möglich.

Voila …
//www.youtube.com/watch?v=VG0GrYIvHbE
//www.youtube.com/watch?v=VG0GrYIvHbE

Wie entstand eigentlich diese Schlucht? Schuld daran trägt der Agly, ein wilder Fluss, der – vom Pic Bugarach herkommend – tiefe Auswaschungen in den oft schneeweißen Stein gegraben hat. Heute fließt er am Grund der Schlucht und kann mit dem Kanu befahren werden, wenn man waghalsig genug für diesen Sport ist.

(Foto Michael Meurer)

Bekannt ist die Galamus-Schlucht aber nicht nur aufgrund gelegentlichen Zitterns und Zagens bei der Durchfahrt – die Besorgnis, ein Wohnwagen könnte einem begegnen, ist tatsächlich nicht unbegründet, aber es ging alles gut aus! -:

Es gibt dort noch eine weitere Sehenswürdigkeit:

EIN HEIDNISCHES RÄTSEL 

in der Höhlenkapelle der altehrwürdigen Eremitage von Saint-Antoine (7. Jahrhundert):

Die Eremitage wird von Pilgern vor allem am Ostermontag aufgesucht. Die Legende besagt,  ein Troubadour namens Jehan Cantalauze, sei der erste Eremit gewesen. Man rief ihn auch Gadamus – was “lasst uns freuen” bedeutet.

Aus Gadamus wurde irgendwann Galamus …

(Foto Michael Meurer)

(Foto Jürg Caluori)

Weitere Eremiten folgten seinem Beispiel und zogen sich bis an ihr Lebensende in diese Einsiedelei zurück.

Nachfolgend einige Aufnahmen aus dem Inneren des Heiligtums, die mir Freunde zur Verfügung gestellt haben:

(Fotos: Jürg Caluori)

(Foto Olaf Jacobskötter)

(Foto Olaf Jacobskötter)

Die Grotte Saint-Madeleine –  ist sie ein vorchristliches Brunnenheiligtum? Vieles spricht dafür.

In dieser Grotte steht eine wirklich außergewöhnliche Maria Magdalena mit hoher Symbolkraft, denn sie sieht mit verbundenen Augen in den Spiegel … (Die römisch-katholische Männerkirche hat Maria Magdalena jahrhundertelang als Hure verunglimpft  – doch vielleicht hatte sie nur die Kraft, mit dem Herzen zu sehen.)

Wo sich ein altes Brunnenheiligtum mit dem Magdalenenkult verbindet – ist eine Schwarze Madonna (Romanische Sitzmadonna) nicht weit!  Im Gegensatz zur Muttergottes, die hinter oder über ihr steht (Maria trägt vorschriftsmäßig weiß und marienblau!) ist die Romanische Madonna in ein (heute verbotenes!) rotes Gewand gekleidet –  eine Hommage an die Göttinnen der Vorzeit?

(Fotos Jürg Caluori)

Und nun zum heidnischen Rätsel – dem sog. “Magischen Quadrat”: SATOR-AREPO-TENET-OPERA-ROTAS – Wörter, die sowohl horizontal als auch vertikal, vorwärts und rückwärts gelesen werden können. Man nennt es ein “vierfaches Palindrom”. Dieses Quadrat, das man bereits in Pompeii fand, soll magische Eigenschaften besitzen und vor Seuchen und Unheil schützen.

Unwillkürlich fragt man sich dennoch, was das Quadrat ausgerechnet in einer katholischen Kapelle zu suchen hat.

Sator soll Sämann bedeuten …  Auch Jesus wird als Sämann bezeichnet. Ist es die Abbildung seines Hauptes, die über dem Rätsel wacht? Schmückt man deshalb diesen Ort noch heute täglich mit frischen Blumen?

Vielleicht hätte der alte Eremit Saint-Antoine mehr darüber gewusst, doch der schweigt für immer – hier liegt er begraben:

(Fotos Jürg Caluori)

Ein letztes Landschaftsfoto, ganz in der Nähe aufgenommen: Im Hintergrund ragt der markante Wohnbergfried der Burg Queribus in den Himmel. Diese Burg war eine der letzten Zufluchtsstätten der Katharer.  Im Jahr 1020 zum ersten Mal erwähnt, wurde dass Bollwerk gegen Ende des 13. Jahrhunderts – zusammen mit den Burgen Peyrepertuse, Puilaurens, Aguilar und Termes – zu einer der sog. Fünf Söhne von Carcassonne (königliche Festungen, die die Grenze zwischen Frankreich und Spanien schützen sollten).

Die Burg ist für Besichtigungen geöffnet; der Aufstieg über Trampelpfad und steile Treppe ist bei starkem Wind jedoch nicht ungefährlich.

(Fotos HLK – sowie Michael Meurer, Olaf Jacobskötter und Jürg Caluori – mit bestem Dank für die Zurverfügungstellung!)

Viel Spaß bei der Zitterpartie durch die Galamus-Schlucht!

Helene L. Köppel

My fantasy is my castle!

Ai Tolosa! – O weh Toulouse!

Historische Einführung (copyright HLK)

Im Süden Frankreichs (Okzitanien) hinterließen zahlreiche Völker ihre Spuren: Kelten, Griechen, Römer, Westgoten, Sarazenen. Im Hochmittelalter ist Okzitanien ein loser Zusammenschluss von Grafschaften, Herzogtümern und Lehnsstaaten – jedoch mit einer eigenständigen Sprache, dem sog. »Oc«* (verwandt mit dem heutigen Catalan). Es herrschen Freizügigkeit, Toleranz und die Paratge: Eine vergleichbare Ehre und Würde für alle Menschen. Frauen dürfen Handel treiben und ihre Meinung kundtun. In den Städten entwickeln sich erste Bürgerrechte (Konsulate nach römischem Vorbild). Zwei Dynastien prägen das Land: Die Grafen von Toulouse und die Familie Trencavel, die Vizegrafen von Albi, Carcassonne, Béziers und des Razès. Auf ihren Burgen und Minnehöfen herrscht die ritterliche Galanterie, Troubadoure gehen ein und aus, singen von der Fin Amour, der reinen Liebe.

* Die sog. langue d`oc, die Sprache der Troubadours, wurde im Mittelalter nicht nur im Midi, im Süden Frankreichs, sondern auch in weiten Teilen Europas gesprochen und verstanden (“Oc” bedeutet “Ja”). Sie war der nordfranzösischen langue d`oil (oui – “Ja” ) gleichgesetzt, wurde nach der Annexion des Languedoc jedoch verdrängt, wird aber heute wieder an den Schulen und Universitäten gelehrt. (Quelle Karte: //villageampus83.blog.lemonde.fr/files/ocoil.gif)

(Foto HLK, Capitouls von Toulouse, 18. Jh, Musée d`Augustin, 2004)

Dass in Okzitanien auch die Wiege der Troubadoure steht, der Minnehöfe und der Fin Amour, der reinen Liebe, wen verwundert das?

Doch es ist längst nicht alles Gold, was glänzt: In relativ guter Nachbarschaft stehen sich zwei christliche Kirchen gegenüber: Die der Katharer (Abweichler vom herkömmlichen Glauben) und die der römisch-katholischen Kirche – wobei letztere, weil zunehmend korrupt, ständig an Einfluss verliert. In Scharen zieht es die Menschen zu den friedfertigen boni christiani, den Katharern, bis sich Papst Innozenz III. zum Handeln gezwungen sieht und den Kreuzzug predigt: » … nehmt ihnen ihre Länder weg, damit katholische Einwohner an die Stelle der vernichteten Ketzer treten können.

Philipp II. August, der König von Frankreich und Oberlehnsherr von Toulouse, beordert einflussreiche Barone in den Süden. Im Jahr 1209 versammeln sich die ersten Kreuzfahrer bei Lyon. Béziers ist ihr Ziel, die Parole lautet: »Tötet sie alle (Katharer, Juden, Katholiken), Gott wird die Seinen schon erkennen!«
Noch im gleichen Sommer wird die Festungsstadt Carcassonne belagert und eingenommen. Der Kapetinger gilt als aufbrausend, energisch, wenig gebildet, jedoch politisch geschickt. Er trägt wesentlich zur Stärkung des Königtums und zur Kontinuität des kapetingischen Hauses in Frankreich bei.

Philipp II. August empfängt einen päpstlichen Legaten. Illumination aus den Grandes chroniques de France, um 1335. (British Library, London)

 

Im Foto oben: Die Belagerung von Béziers in Bild und Ton (anlässlich der 800-Jahr-Gedenkfeier im Jahr 1209)

Carcassonne – oppidum gallicum – ist die größte mittelalterliche Festungsstadt Europas, 24 km nördlich von Limoux, an der Straße vom Mittelmeer zum Atlantik gelegen. Im 12./ 13. Jahrhundert besitzt sie zwei Vororte, Saint-Michel und Saint-Vincent, wird von Konsuln mitregiert und ist Sitz bedeutender Katharerbischöfe.

Simon von Montfort (um 1164-1218) ein ehrgeiziger Graf aus Paris (Ile-de-France), Sohn des Grafen von Montfort d’Amaury und der Gräfin von Leicester, übernimmt das Erbe des jungen, blonden Trencavel (der in seinem eigenen Kerker stirbt) – und setzt sich zugleich an die Spitze des Heeres. Unbarmherzig verfolgt er die Katharer Okzitaniens und bringt mit Feuer und Schwert das Land in seine Gewalt.

Über das Schicksal der Städte Béziers und Carcassonne erfahren Sie mehr in meinen Romanen “Alix: Das Schicksalsrad” und “Sancha: Das Tor der Myrrhe” E-book (Amazon/Kindle, Taschenbuch in allen Buchhandlungen bestellbar, oder über Amazon)

Kurzer Textauszug aus “Alix: Das Schicksalrad”:

“Im Unterschied zu den weißen Gewändern der Manichäer, die als Vorläufer der Katharer gelten, kleideten sich die Perfekten, als Wanderer aus einer anderen, fremden Welt, in dunkelblaue oder schwarze wallende Röcke, die die Gefangenschaft ihrer göttlichen Seelen im irdischen Kerker des Körpers symbolisieren sollten. An ihrem Gürtel hing, gut sichtbar für alle, der kupferne Behälter mit dem Evangelium des Johannes. Die beiden Gegenspieler des aus der Stadt gejagten Bischof Bérenger, der von jedermann geachtete Katharerbischof von Carcassonne, Bernhard von Simorre, bleich vom Fasten, das hagere Gesicht bartlos, dafür das schlohweiße Haar glatt bis auf die Schultern fallend, und sein um Jahre jüngerer Stellervertreter, Peter Isarn, verbeugten sich tief vor dem Vizegrafen un seinem Oheim. In ihrer Begleitung befand sich ein gutes Dutzend weiterer Perfekte, darunter auch zwei Frauen.

“Nehmt Platz, ´Gute Leute`!” Der Kämmerer Aaron wies auf die lange Bank, die für gewöhnlich Bittstellern vorbehalten war. “Sénher”, begann Isarn, “nach dem, was mit Bischof Bérenger geschehen ist, woran wir Katharer keinen Anteil haben, liegt es uns am Herzen, mit Euch über die Predigt zu sprechen, die der Anlass für Bérengers üble Vertreibung aus der Stadt war. Wie ernst müssen wir diesen Kreuzzug nehmen? Viele Menschen sind beunruhigt.”

(Foto HLK, Béziers 2009)

ZWEI JAHRE SPÄTER – der Kreuzzug gegen die Katharer hat schon mehr als zwanzigtausend Tote gekostet – geht es längst nicht mehr nur um Religion:

Die reiche und prachtvolle Stadt  T O U L O U S E * (seinerzeit nur mit Byzanz vergleichbar) ist das Ziel Montforts, seiner Vasallen, Hintermänner – und der eifernden Bischöfe. Doch die Stadt, in der 12 Capitouls mitregieren (vom Volk gewählte Stadträte), wird hervorragend verteidigt. (z.B. öffnet man Kirchen zur Unterbringung auswärtiger Soldaten; die Stadtmiliz – Bürger aus den 12 Stadtteilen – bewacht die Stadtmauern, reiche Bürger leisten bewaffneten Dienst zu Pferde.)

(Foto HLK, Rathaus von Toulouse, 2004)

* Im 12. Jahrhundert zählte der Toulouser Hof zu den zivilisieresten Stätten des Abendlandes.

Graf Raymond VI. von Toulouse (1156-1222) – nach dem König von Frankreich der wohl mächtigste Seigneur der Christenheit – wird von Rom, weil er sich hartnäckig weigert, die Ketzer in seinen Ländern auszuliefern – mehrfach exkommuniziert, enteignet und öffentlich gezüchtigt, s. Abbildung vor dem Portal der Abteikirche in Saint-Gilles-du-Gard:

Graf Raymond und sein Sohn gleichen Namens besitzen jedoch höchst einflussreiche Verbündete. Einer von ihnen ist Peter II., der stolze König von Aragón, den man aufgrund seiner Frömmigkeit auch “El Catholico” nennt.

Zur Festigung seiner eigenen Territorien und Bündnisse in Okzitanien hat Peter seine beiden Schwestern, die Infantinnen Leonora und Sancha, mit den beiden Grafen von Toulouse verheiratet.

Die Lager formieren sich. Graf Raymond spricht vor seinen Leuten: “Ich weiß mit Gewissheit, dass der Feind unseren Untergang plant. Er wird seine Armeen immer wieder gegen unsere Mauern schleudern. Er will uns aushungern …” Die Tolosaner antworten ihm: “Greifen wir ihn an, Herr! Ihr habt, dank Gott, genügend Verbündete, und auch wir sind bewaffnet. Das wird für den Sieg reichen. Führt die Sache, Herr, zu einem guten Ende, bevor die Feinde Wind von unserem Plan bekommen und die Flucht ergreifen.”

Doch schon bald heißt es Ai Tolosa! (Chanson 132,26 ff)

Der Kampf um Toulouse ist thematisiert in meinem Roman:

“SANCHA – Das Tor der Myrrhe”Es handelt sich um einen eigenständig lesbaren Roman, der sich jedoch zeitlich an das historische Geschehen, das in “ALIX” beschrieben wird, anschließt.

Fortsetzung HIER KLICKEN …

 

 

 

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Wie es zum Kreuzzug gegen die Katharer kam und wie alles endete, erfahren Sie auf den nachstehenden Seiten
z.B. Zeittafel zur Geschichte, Teil 1
oder Zeittafel der Geschichte, Teil 2,
Empfehlenswert auch: Ein Streifzug durch die Katharerzeit.
Der Kampf um Toulouse: “Ai Tolosa,1”, und “Ai Tolosa 2”.
Die Geheimen Schriften, Scripta secreta
Die Katharer und ihr Glaube an die beste aller Welten”
AD 1215: Die Proklamation des “Leibhaftigen”
Alles über den Kampf um den Montségur
Finale am Montségur
“Ein ketzerisch Lied”
oder aber in meinen Historischen Romanen

Carcassonne – die Retter

Meinen historischen Roman ALIX – Das Schicksalsrad habe ich drei Männern gewidmet, die Carcassonne vor dem endgültigen Verfall bewahrt haben.

Es sind dies:

 Eugène Viollet-le Duc

Eugène Emmanuel Viollet le Duc:
1814-1879, französischer Architekt, Restaurator mittelalterlicher Kirchen und Kathedralen, gilt – gemeinsam mit Prosper Mérimée als Begründer der historischen Denkmalpflege im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Rekonstruktion und Restauration Carcassonnes. Weitere Objekte: Kathedralen in Toulouse, Amiens, Clermont-Ferrand und Lausanne, sowie Profanbauten. Seine Arbeiten sind allerdings nicht unumstritten.

Jean-Pierre Cross-Mayrevieille

Jean-Pierre Cross-Mayrevieille:
Bürger Carcassonnes, wird als Retter Carcassonnes bezeichnet, richtete 1836 die Aufmerksamkeit der Regierenden auf die zerfallenden Bauwerke. 1840 Beginn der Wiederherstellungsarbeiten an der Kathedrale St. Nazaire; später – nach Streichung der Mittel – erneute Intervention.

Prosper Mérimée

Prosper Mérimée:
1803-1870, Rechts- und Sprachwissenschaftler, Senator, Schriftsteller, arbeitete in verschiedenen Ministerien in Frankreich (Marine, Handel usw.), 1834 Inspektor für historische Denkmäler; reiste durch Frankreich auf der Suche nach restaurierungswürdigen Denkmälern; 1844 Aufnahme in die Académie Francaise; für seine Verdienste mit dem Kreuz der Ehrenlegion ausgezeichnet. Berühmt auch für seine Novellen.

Von Viollet le Duc existiert ein Buch aus dem Jahr 1888 “La Cité de Carcassonne” (Aude) mit schönen Aufrisszeichnungen, die er während der Restaurierung der verschiedenen Türme angefertigt hat.

Es wurden ca. 1300 Arbeiter benötigt, schreibt Le Duc, um die Barbakanen und Außenforts (19 Türme!), die Innenforts (34 Türme!),  die Tore, die Kathedrale und das Schloss – das Palatium der ehemaligen Vizegrafen (10 Türme!) – sorgfältig herzurichten. Nicht wenige Arbeiter waren stolz darauf, die Stadt des ruhmreichen Raymond-Roger Trencavel wieder mit aufbauen zu dürfen.

Viollet Le Duc hat sich auch intensiv mit den ehemaligen Verteidigungsanlagen beschäftigt:

 

 

My fantasy is my castle

Frühe Scheiterhaufen auch in Deutschland?

Auch in Deutschland loderten die Scheiterhaufen, um – wie es im Johannes-Evangelium heißt – die vertrockneten Rebzweige vom Weinstock Jesu zu verbrennen. Nach Hildegard von Bingen* traten erstmals im Jahr 1140 Häretiker in Erscheinung, und zwar in Köln. Später wurden dort sogar Katharerschulen gegründet, die von einer Anzahl angesehener Bürger besucht wurden. Die Lehrer dieser Schulen, sog. “doctores”, sollen ihrer “feurigen Beredsamkeit” wegen (Borst) in hohem Ansehen gestanden haben. Über ihren Glauben befragt, erklärten sie, dass ihre Religion “seit der Zeit der Märtyrer bis heute verborgen geblieben ist und sich in Griechenland und anderen Ländern erhalten hat.”

Einer der Gründe für das Überlaufen vieler Menschen zu den Katharern war, dass sich die römisch-katholische Kirche seit dem 11. Jahrhundert über die Hälfte des dortigen Grund und Bodens angeeignet hatte. (Die rheinischen Erzbischöfe waren zugleich Reichsfürsten und nur dem König unterstellt.)

Im Jahr 1145 – in diesem Jahr tauchte zum ersten Mal das Wort “Katharer” auf * – wurde der erste Scheiterhaufen in Köln errichtet, wobei der Pöbel, der das Schauspiel nicht erwarten konnte, unter Gejohle in die Räume eindrang, in denen die Katharer noch verhört wurden. Man zerrte sie ins Freie und stieß sie in die Flammen. (Einer der Katharer wurde “Bischof” genannt, was darauf schließen lässt, dass es in Köln bereits eine etablierte Kirche der Häretiker gab.)

Am 5. August 1163 wurden dort vor dem Judenfriedhof ungefähr ein Dutzend Menschen verbrannt, die man cathari nannte. Sie waren zuvor Opfer der flämischen Verfolgung gewesen und hatten in einer Scheune in Köln Zuflucht gesucht. Unter ihnen befand sich erneut ein sog. Erzketzer, also vermutlich ein Perfekt oder Bischof.

In Bonn wurde zur gleichen Zeit “ein Katharer mit seinen Gefährten” auf den Scheiterhaufen geschickt, und aus Mainz ungefähr 40 Ketzer aus der Stadt gejagt.

In meinem Katharer-Roman “Alix – Das Schicksalsrad” gehe ich auf die schreckliche Geschichte von Köln kurz ein:

“Eleonore erzählte dem Mädchen vom Schicksal einer jungen Katharerin, die vor vierzig Jahren in der deutschen Stadt Collonia den Tod, und damit die Erlösung fand. ‘Man stellte sie mit ihren Freunden auf den Scheiterhaufen`, berichtete sie. ‘Sie hatten ihren Glauben nicht verleugnet, wie wir es heute oft tun, sondern mutig erklärt, dass sie lieber sterben würden, als sich zu verbergen. Die Unschuld und Schönheit der jungen Frau jedoch erweckte das Mitleid der Henkersknechte. Noch unversehrt zogen sie sie aus den Flammen und versprachen, ihr im Falle des Widerrufs einen guten Ehemann zu verschaffen, oder, wenn sie das nicht wollte, sie in ein Kloster zu bringen. Die junge Frau willigte scheinbar ein und wartete in aller Ruhe ab, bis die Freunde tot waren. Dann bat sie ihre Wächter, ihr den ‘Verführer der Seelen` zu zeigen, wie sie sich ausdrückte. Die Männer führten sie zum Leichnam ihres Lehrers, eines gewissen Arnold. Dort angekommen, löste die junge Frau plötzlich ihre Fesseln, bedeckte ihr Gesicht mit ihren Kleidern und warf sich auf seine Überreste, um mit ihm zu verbrennen … `Inés war entsetzt stehengeblieben. ‘Sie hat sich freiwillig dem Feuer ausgesetzt?` Ein paar Schneeflimmer, die der Wind von den Bäumen trieb, ließen sich auf ihrer Nase nieder. Unwirsch wischte sie sie fort. Eleonore, selbst weißbestäubt, nickte. Sie erklärte dem Mädchen, dass der katharische Glaube zwar nach außen tolerant, nach innen jedoch eisenfest und unbeugsam sei. ‘Ihr seht an diesem Beispiel auch, dass es grundlegende Unterschiede zwischen den beiden Kirchen gibt, und dass es nicht darum geht, zu hoffen, dass wir eines Tages reumütig in den Schoß der römisch-katholischen Kirche zurückkehren. Wir sind keine verirrten Schafe! In diesem Glaubensstreit werden wir nicht nachgeben, Inés, so wie auch die Juden nie ein Jota von ihrem Glauben aufgeben werden.`”

“Als sie später neben Eleonore im Hof saß, drängte es sie, ein weiteres Mal auf diese schaurige Begebenheit zurückzukommen. ‘Aber vielleicht haben die beiden sich so sehr geliebt, dass sie ihm deswegen in den Tod gefolgt ist`, wagte sie einzuwenden. ‘Das mag sein, meine Kleine, die Liebe ist in der Tat eine starke Macht`, antwortete Eleonore von Saissac gelassen. ‘Der Weg, den dieses junge Mädchen ging, ist jedoch einer der wichtigsten katharischen Pfade, um zur Erlösung und ins Paradies zu gelangen. Seht, die physische Welt um Euch herum, sie ist nichtig und eitel. Zur Befreiung der Seele aus ihrem unwerten menschlichen Körper bedarf es der wahren christlichen Hochzeit – der Vereinigung der Seele mit dem Parakleten, dem Heiligen Geist! Nichts anderes hat diese Frau getan, indem sie freiwillig die Welt verließ, ihren Freunden nacheilte. Aber es gibt noch einen anderen, weniger grausamen Weg zum Ziel: Es ist das Consolamentum, die Geist-Taufe. Sie macht aus einem einfachen Anhänger des katharischen Glaubens einen Perfekten, der jedoch fortan gezwungen ist, bis zum Tod ein heiligmäßiges Leben zu führen.` ‘Nach Eurer Meinung hat also Gott alles Unsichtbare – wie auch die Seele – geschaffen, während der Teufel …`’Wir nennen es das böse Prinzip`, liebe Inés.’   ‘Während das böse Prinzip alles Sichtbare – wie auch die Körperhüllen – erschuf?` ‘Richtig. Das erklärt die dauernde Gegensätzlichkeit des Guten und des Bösen in der Welt. Aber grübelt nicht so sehr über diese verwickelten Dinge nach, meine liebe Tochter. Niemand, schon gar nicht Raymond-Roger (Anmerk: Der Vizegraf von Carcassonne, den Inés heiraten wird), erwartet, dass Ihr Eurem Glauben entsagt oder gar bei einem katharischen Perfekten in die Lehre geht`, meinte Eleonore energisch. ‘Als zukünftige Vizegräfin sollt Ihr uns nur verstehen! Versucht dennoch, nach unseren sieben Tugenden zu leben, als da sind Demut, Wahrheitsliebe, Güte, Vertrauen, Großmut und Heiterkeit … ein größeres Geschenk könnt Ihr Eurem Gatten zur Hochzeit nicht machen.
‘Aber das sind doch nur sechs Tugenden`, warf Inés ein.
Eleonore lächelte. “Die letzte ist nur für die Perfekten bestimmt. Die Keuschheit braucht Euch nicht zu belasten, meine Liebe!`”

 

(Aus: ALIX – Das Schicksalsrad, Copyright HLK, Link s. unten)

 

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(Bild aus www.heiligenlexikon.de)

* Zurück zu Hildegard

Hildegard von Bingen (geb. 1098), gilt als die bedeutendste Vertreterin der hochmittelalterlichen Frauenmystik. Sie predigte im späteren Alter ebenfalls gegen die Katharer, und zwar sowohl in Mainz, als auch in Köln:

“Denket um, Gottes Gericht naht, ihr werdet seinem Richterspruch nicht entgehen!”

Aber sie geißelte zugleich die Lasterhaftigkeit und Faulheit des eigenen Klerus`, sein Leben in Saus und Braus:

” … Ihr solltet das Fundament der Kirche bilden, aber ihr zieht euch in die Höhle eurer Bequemlichkeit zurück. Ihr solltet eine Feuersäule bilden und dem Volk den rechten Weg zeigen, aber ihr täuscht euch selbst, indem ihr sagt, wir haben keine Zeit zum Predigen.”

(Quelle: Walter Nigg, Heilige und Dichter, Zürch, S. 131)

Anmerkungen*:  Der Begriff “Katharer” stammt (nach Michel Roquebert) aus dem Mund eines deutschen Mönchs namens Eckbert von Schönau. “In der Volkssprache sei dies, so Eckbert, der Name für die Ketzer Germaniens, während sie in Flandern piphles und in Gallien tisserands (Weber) hießen.”

Elne

… die alte Hauptstadt der Illiberer,  von  571  – 1602 Bischofssitz des Conflent und Roussillon (nach der Chronik des Jean de Biclar), an der Pilgerstraße gelegen und flankiert von schneebedeckten Pyrenäenausläufern … (Fotos HLK 2009)

Der Name geht auf die Heilige Helena zurück. Ich zitiere Helmut Domke: ” … der bildschönen südgallischen Stallmagd, die dem nachmaligen Kaiser Constantius Chlorus seinen Erben, Konstantin, schenkte …”
Im Ort gibt es heute den Place Héléne und eine Rue Constantin.

Die Kathedrale  trägt den Namen Santa Eulalia (kindhafte Märtyrerin Barcelonas)

Die Kathedrale bildet mit dem Kloster gewissermaßen einen Verbund.

Der Kreuzgang gilt als einer der schönsten Südfrankreichs:

Überall im Roussillon trifft man auf sie – die sog. Schwarzen Witwen, auch hier in der Kathedrale von Elne:

In meinem Roman “Die Affäre Calas” habe ich auf sie Bezug genommen, S. 175, die Vorbereitungen zum Karfreitags-Umzug:

“Sieh nur, Sandrine, die ersten Schwarzen Witwen!”, raunte mir Henri unauffällig zu. Und tatsächlich: Wie von Zauberhand waren sie aufgetaucht, halbmannshohe Puppen, in Trauer gekleidet, das Haupt verhüllt mit einer Spitzenmantille, sieben silberne Schwerter auf der Brust aufgenäht … Wir traten näher. Ein schmales, edles, sehr junges Gesicht …, die Hände zum Gebet gefaltet … Vor ihr, auf einem schwarzen Polster liegend, der tote Jesus, ihr göttlicher Sohn.”

Zum Thema Karfreitagsschmerz/Umzüge – ein sog. Outragekreuz mit den Folterwerkzeugen, Geißeln usw.

Eher erheiternd fand ich hingegen einen kleinen, namenlosen Heiligen, der einsam und verlassen in einer Ecke der Kathedrale herumstand und aussah, als ob er gleich abheben und davonfliegen wollte. Ohne Umweg in den Himmel?

Auch die Templer haben hier ihre Spuren hinterlassen. An vier gegenüberliegenden Säulen (im hinteren Karree der Kathedrale) finden sich ihre Kreuze.

In meiner frühen Kindheit trugen die kleinen Jungs sog. “Teufelsmützen”, aus bunter Wolle gestrickt.
Dieser Mann – im Klosterbereich der Kathedrale – hatte zu Lebzeiten aber wohl eine Tiara auf seinen Kopf:

Die herrliche Skulptur trägt die Handschrift des Katalanen Raimond von Bianya; in Arles-sur-Tech – das habe ich später entdeckt – hat Bianya einen ähnlichen Bärtigen mit gleicher Handhaltung dargestellt.

Nicht etwa an den Haaren herbeigezogen (oder fränkisch “gezöbelt”), sondern kunstvoll von Engeln als Mumie eingewickelt wurde ein gewisser Feran del Soler. Ein weiteres Werk des o.g. Katalanen.

Es gäbe noch viel zu zeigen von Elne; ich möchte mich aber auf einige wenige Kuriositäten beschränken – solche, die man für gewöhnlich in den Reiseführern nicht findet:

Den nachfolgenden kleinen Kopf  habe ich erst bei meinem dritten Besuch der Kathedrale entdeckt: Er ist ganz unten am Holm des großen Passionskreuzes angebracht, und stellt m. E. den Teufel dar – besiegt vom Kreuz. Nun, die Sache scheint ihm Sorge zu bereiten, wenn man sich seine Stirn betrachtet – gefurcht wie eine Gewitterwolke!

Und hier – voila – meine ganz persönliche “Baphomet”-Entdeckung (Klostermuseum zu Elne, ohne weitere Erklärung). Auf Befragung erntete ich einzig Schulterzucken …

Wie erbauend ist doch jedes Mal – nach soviel Teufelei – der Anblick dieses prachtvollen Oleanderbaumes, wenn man das Kloster verlässt …

Helene L. Köppel

My fantasy is my castle