Marcevol – eine Atempause vom Leben

(Die Fotos können durch Anklicken vergrößert werden!)

Das Priorat von Marcevol

befindet sich auf einer Hochebene über dem Têt-Tal. Die umliegende Landschaft ist beeindruckend, vor allem im Frühling, wenn die Zistrosen blühen. Im Norden befindet sich der Roc del Maure (775 m), im Westen der Pic de Bau (1025 m), im Süden der legendäre Berg der Katalanen, der Canigou (2785 m)

Ich war sowohl im Frühling als auch im Herbst in Marcevol, und die Stimmung war jedes Mal unbeschreiblich – so als ob man eine andere Welt betreten hätte.

Marcevol – Romanschauplatz von “SALAMANDRA”

Marcevol selbst – die Einsamkeit, aber auch die tolle Umgebung – haben mich zu meinem Psychothriller “Salamandra” inspiriert.
Ein kleiner Auszug aus dem Roman:

“Im Schutz teils schneebedeckter Pyrenäenberge lag ´Arkadien` vor ihr, so wie man sich dieses Land vorstellte – als Hochebene mit tiefgrünen Weideflächen, durchzogen von Zypressen und Rosenfeldern. Abertausende Montpellier-Zistrosen: Schlichte weiße Blüten mit honiggelben Bechern. Überspannt wurde die friedliche Kulisse von einem gewitterschwangeren Himmel – mit einem Stich in Rosa.”

Marcevol liegt auf dem Jakobsweg.

Im Reiseführer stand, das Kloster sei einst eine Niederlassung der Tempelritter gewesen, aber das ist vermutlich falsch. Vor Ort erfuhr ich, dass Marcevol im 12. Jh. durch die Chorherren des Heiligen Grabes gebaut wurde – nachdem ihnen der Bischof von Elne eine kleine Kapelle geschenkt hatte. Um diese Kapelle herum erbauten die Grabesritter ihre Gebäude.
Der Orden vom Heiligen Grab wurde 1099, nach der Eroberung von Jerusalem, gegründet, um dort das Heilige Grab zu bewachen. Er verbreitete sich rasch auch in Europa, wo er viele Schenkungen bekam.
Das Kloster Marcevol war vom Jahr 1129 an eine seiner Einrichtungen.
Bereits im Jahr 1840 wurde das Kloster Marcevol zum Monument historique erklärt.

Wahrheit oder Legende?

Zu einem echten Anziehungspunkt für Pilger
wurde Marcevol, nachdem hier der Legende nach
die Mutter eines Papstes
bestattet wurde.
Auf dem Weg nach Santiago de Compostela
wollte sie in Marcevol Halt machen, um zu beten.
Sie stieg den Berg hinauf, war müde und erschöpft.
Plötzlich geriet sie in ein schreckliches Unwetter
und starb …
Das Kuriose an der Geschichte ist,
dass es sich um die Mutter des
unmittelbaren Nachfolgers von Petrus
gehandelt haben soll!
Aber damals – um das Jahr 70 n. Chr.
pilgerte man noch gar nicht
nach Santiago de Compostela!

(Im Bild: Ein Taufstein aus dem Mittelalter)

Der rosafarbene Marmor kommt aus Villfranche de Conflent.

Notre Dame de les Grades –
11. Jh, romanische Sitzmadonna

Die hochverehrte Madonna von Marcevol – Unsere Dame von den Treppen – steht heute in dem kleinen Ort Boule d’Amont (Département Pyrénées-Orientales, Nähe Prades) – und zwar in der Pfarrkirche Saint-Saturnin aus dem 11. Jahrhundert.

Ein Blick aufs Dorf Marcevol:

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Helene Köppel

Einige Tipps für Reisende oder Pilger:
Neben dem obligatorischen Verkaufs-Shop gibt es im Kloster Marcevol auch eine Bibliothek. Selbstversorgende Wanderer/Pilger haben die Möglichkeit, hier Rast zu machen.
Im Dorf steht die Kirche Nostra Senyora de les Grades aus dem 11. Jh. Sie kann derzeit nicht besichtigt werden, da Einsturzgefahr. 
In etwa 2 km Entfernung findet sich der Dolmen de la Barraca, aus der Megalithzeit.

Zum Schluss noch eine kleine Fotogalerie:

Saint-Guilhem-le-Désert – ein Juwel der Romanischen Kunst

“Ein Juwel der Romanischen Kunst” wird das Kloster Saint-Guilhem-le-Désert  (vormals GELLONE) genannt!
Es liegt im Département Hérault – und ist eine der Stationen auf der Via Tolosana, dem südlichsten der vier Jakobswege in Frankreich.

(Alle Fotos können durch Anklicken vergrößert werden!)

Es handelt sich um das ehemalige Kloster des Wilhelm von Aquitanien (auch Wilhelm von Gellone, Wilhelm d’Orange, Wilhelm der Heilige oder Wilhelm Kurznase genannt. Wilhelm (verst. 812) war der Sohn des Grafen von Autun und dessen Frau Aldana, die vermutlich eine Tochter des fränkischen Hausmeiers Karl Martell war.
Karl der Große ernannte Wilhelm als Nachfolger des abgesetzten Grafen Chorso zum Grafen von Toulouse.
In den Quellen wird stets der Mut des Grafen hervorgehoben. So eroberte er im Jahr 801, gemeinsam mit Ludwig dem Frommen, die Stadt Barcelona; er kämpfte gegen Basken und Sarazenen gleichermaßen.

Wilhelm von Gellone wurde im Jahr 1066 heiliggesprochen.
Er gilt als Schutzheiliger der Waffenschmiede.
Im Jahr 1139 wurden seine Gebeine hierher gebracht und das Kloster wurde nach ihm “Saint-Guilhem-le-Désert” genannt (Désert=Wüste/Einöde).
Im Jahr 1793 – also während der Französischen Revolution – wurden die Gebeine geraubt und zerstreut. Die Überreste befinden sich heute in der Basilika St. Sernin in Toulouse.

Im Chanson de Guillaume,
einem der großen altfranzösischen Epen wird Wilhelm Kurznase verherrlicht.
Dieser Stoff wurde zu Beginn des 13. Jh. von Wolfram von Eschenbach in seinem “Willehalm” ins Deutsche übertragen.

Kirchenschätze – wertvolle Reliquien!

Links: Ein Splitter vom Kreuz Christi

Das Kloster von Gellone gewann sofort an Prestige und Einfluss – nicht zuletzt wegen seiner wichtigsten Reliquie: Ein Splitter vom Kreuz Christi, das Karl der Große Wilhelm geschenkt hatte.

Die Krypta Wilhelms von Gellone  stammt aus der Karolingerzeit.

Zwei Seitentreppen führen in die Tiefe. Ursprünglich war die Krypta eine gewölbte Hauskapelle mit zwei durch Säulen getrennten Kirchenschiffen, in der die Pilger vor den Reliquien des Heiligen beteten.
Das massive Steinwerk rechts hinten war evtl. sein Grab. Der Ort war dem Andrang der Pilger bald nicht mehr gewachsen. Daher wurde die Krypta irgendwann nicht mehr benutzt und wahrscheinlich während der Religionskriege ganz geschlossen, bevor man sie in den 60er Jahren restaurierte.

Der Kreuzgang von Gellone

Der Kreuzgang wurde während der Französischen Revolution leider verkauft bzw. teilweise als Steinbruch abgetragen. Der damalige Friedensrichter von Aniane hat jedoch viele Stücke gesammelt. Nach seinem Tod wanderten diese von einem Antiquitätenhänder zum anderen, bis nach Carcassonne und Paris. Dort erwarb sie ein amerikanischer Bildhauer und brachte sie – zusammen mit anderen Kreuzgängen – nach New York.
Zwischen den beiden Weltkriegen nahm sich das Metropolitan Museum of Art der Sache an: So kann man seit 1936 im “Kreuzgangmuseum” 148 Stücke des Klosters Gellone und einen originalgetreuen Nachbau seines Kreuzganges bewundern.

 

Aber es gibt durchaus noch alte Steinschätze in Saint-Guilhem-le-Désert selbst. Man hat sie zusammengetragen und in diesem Raum ausgestellt:

Eine kleine Fotogalerie der dort ausgestellten Schätze:

Das Kloster Gellone als Romanschauplatz

“Doña Agnès saß steif auf einer der Bänke im Garten des Klosters Gellone. Die Sonne schien warm, aber es war noch früh am Tag, so dass Honoria, ein wenig linkisch, ihrer Herrin eines der mitgebrachten Felle unterschob. Von Zeit zu Zeit strich der Wind über das zarte Laub der Weiden. Auf den Hügeln der stein- und buschgefleckten Berge, die sich rings um das Kloster zogen, begannen die ersten Wildblumen zu blühen.
Als die Terz-Glocke bimmelte, flog ein Schwarm Dompfaffen auf. Honoria lachte leise. Doña Agnès jedoch nahm die Vögel mit ihren auffälligen Bäuchen nicht wahr, so wie sie auch die seit Tagen hervorbrechenden Farben des Frühlings ignorierte. Sie haderte mit Gott und der Welt, weil man sie gezwungen hatte, sich hierher zurückzuziehen. Sie war eine gebrochene Frau. Es frommte ihr nichts mehr und es gefiel ihr nichts …”
(Aus “Alix – Das Schicksalsrad”)

Nach soviel Kunst lädt der gemütliche Dorfplatz von Saint Guilem-le-Désert zum Verweilen ein!

Vielen Dank für Ihr Interesse!

Helene Köppel

Noch ein Tipp:
Besuchen Sie auch den kleinen Verkaufsraum des Klosters, den die dort ansässigen Karmeliterinnen betreuen. Die Nonne, die mir behilflich war, bekam ganz rote Bäckchen vor Freude!
Folgende Bücher habe ich ihr abgekauft:
1. Guide Secret du Pays Cathare – Jean-Luc Aubarbier

2. Guide Secret de Montpellier et de ses Environs – Myriem Lahidely
3. Guide Secret des Templiers – Thierry P.F. Leroy

San Juan de la Peña – der Hort des Heiligen Grals

San Juan de la Peña ist ein ehemaliges Benediktinerkloster in Aragon (Spanien, südwestlich der Stadt Jaca).

Die Legende besagt, hier sei der Hort des Heiligen Grals gewesen.

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Die Geschichte dieses alten Klosters

beginnt im Jahr 720 mit der maurischen Invasion, als sich, auf der Flucht vor den Muselmanen, hier eine Handvoll Einsiedler versteckte. Im 10. Jahrhundert entstand ein bescheidenes Höhlenheiligtum, das Johannes dem Täufer geweiht war. Aus dieser Zeit ist nur eine kleine mozarabische Kirche erhalten geblieben.
Im 11. Jahrhundert ließ Sancho, der König von Navarra, über dieser Stelle das Felsenkloster San Juan de la Peña bauen. Das Kloster wurde benediktinisch und das erste “spanische” Kloster, das die Messe in Latein abhielt.

Im Foto rechts – der Kreuzgang des Klosters unter dem überhängenden Fels

Im Untergeschoß des Klosters, das als eines der heiligsten Orte Spaniens gilt, befindet sich die schon erwähnte mozarabische Kirche aus dem 10. Jh., die an der Stelle des Höhlenheiligtums errichtet wurde. Sie enthält Wandmalereien aus dem 12. Jh.

Folgt man der Legende, so wurde hier in diesem Kloster der Heilige Gral versteckt (vor den Muselmanen).

Erstmals im Jahr 1071 erwähnt, wurde er im Jahr 1399 nach Saragossa gebracht. Heute wird der Gral von San Juan de la Peña mit dem Santo Cáliz identifiziert, der in der Kathedrale von Valencia steht.

Nun zum Kreuzgang aus dem 12. Jh. Der Schatz dieses Kreuzgangs und des Klosters sind die prachtvollen romanischen Kapitelle …

Eine kleine Foto-Show zum Betrachten der einzelnen Kapitelle:

Das Neue Kloster

Im Jahr 1889 wurde das alte Felsenkloster zum Baudenkmal erklärt und ein neues Kloster darüber errichtet, das jedoch im Jahr 1923 ebenfalls den Rang als geschütztes Baudenkmal erhielt.

Besuchertipp für Autorfahrer: Die Parkplätze befinden sich oberhalb, in der Nähe des Neuen Klosters, wo man auch die Eintrittskarten lösen kann. Ein Sammelbus bringt die Besucher dann hinunter ins alte Felsenkloster.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Helene Köppel

Ausflugstipp: Castillo de Loarre

Teufel, Monster, Todsünden –
Notre-Dame de L’Epine

Die Basilika Unserer Lieben Frau vom Dornbusch liegt in einem kleinen Dorf namens L’Épine, in der Nähe von Chalons-en-Champagne (Nordosten Frankreichs), in Richtung Verdun. Diese Kirche ist ein Meisterwerk des Flamboyant – einer Stilrichtung der Spätgotik.

Was hat der Dornbusch mit L’Epine zu tun?
Im 13. Jahrhundert verehrten die Chaloner eine wundertätige Madonna, die auf der Straße nach Verdun in einem Dornbusch erschienen war. Sie wurde ursprünglich in einer Johannes dem Täufer gewidmeten Kapelle angebetet, die der königlichen Abtei Saint-Jean von Laon gehörte.

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GESCHICHTLICHES und Baufortschritt

Notre-Dame de L’Epine entwickelte sich zu einer begehrten Pilgerstätte!

Mit dem Bau wurde im Jahr 1406 begonnen – es war die Zeit des Hundertjährigen Krieges, in dem englische Könige versuchten, ihre Ansprüche auf den französischen Thron mit Waffengewalt durchzusetzen.

Berühmte Spender trugen zum Baufortschritt bei:
Die Patenbriefe Karls VI. bezeugen großzügige Schenkungen und Vermächtnisse, die den Bau zügig voranbrachten.
Im Jahr 1445 unternahm König Karl VII. mit seinem Hof eine Wallfahrt nach L’Epine.

Bereits im Jahr 1458 war der Bau des Chors, des Querschiffs, der Längsschiffe, des großen Portals und der Türme beendet.
Papst Calixtus III. gründete daraufhin die Pfarrei L’Epine – das Gotteshaus durfte sich nun offiziell Basilika nennen.

Eine weitere Schenkung erfolgte im Jahr 1471: König Ludwig XI. spendete der Basilika 1200 Goldtaler.

Die Pilgerströme reißen nicht ab – die Basilika muss vergrößert werden!
Bereits 1445 wurden zwei Joche angefügt und die Fassade im Flamboyant-Stil neu gestaltet.

Im ersten Viertel des 16. Jh. erfolgte dann der Anbau der Apsis und ihrer Kapellen.

Mit seinen zwei Türmen und seinen Wasserspeiern, heißt es, sei dieses Gotteshaus tatsächlich wie “ein brennender Dornbusch” in der Champagne verwurzelt.

 

 

Die berühmte Madonna im Dornbusch (16. Jh.) erwartet den Besucher gleich am Eingang.

Das Kircheninnere

Wie die Magdalenenkirche von Vézelay macht auch das Innere der Basilika von L’ Epine einen überraschend hellen und luftigen Eindruck:

Steinerne Grablegung mit Maria Magdalena (zweite von rechts, erkennbar am langen gewellten Haar)

Notre-Dame de L’ Epine  – eine jüngere Statue

Ein Brunnen gehört zur Marienverehrung

WELTKULTURERBE

Klassifiziert im Welterbe der UNESCO, hat Notre-Dame de L’ Epine nicht nur Pilger angezogen, sondern auch Schriftsteller inspiriert: Victor Hugo, Alexander Dumas, Joris-Karl Huysmans, Paul Claudel, Paul Fort.

DIE FENSTER

Die vielen bunten Fenster wurden in den 30er Jahren des 20. Jh. von einem Pariser Künstler gestaltet. Sie sind sehr schön, teilweise fast märchenhaft, und bilden u.a. auch die Geschichte der Basilika ab.

Die Entdeckung der Madonna im Dornbusch

Fensterrosette

Mittelalterliches Motiv

Notre-Dame-de L’Epine – Unsere Dame vom Dornbusch

im Stil der Romanischen Sitzmadonnen, aber bereits gotisch “angehaucht”.
(Mittelalter – vermutlich 13. /14. Jh)

Teufel, Monster, Todsünden

Im Jahr 1793, während der Französischen Revolution, zerschlugen Soldaten viele Statuen – aber die Armee von Wasserspeiern und Gargoylen zwischen den Geländersäulen der Dächer wurde verschont!

DAS GEHEIMNIS VON L’EPINE

Jede alte Kirche birgt ein Geheimnis – ich habe mich für diese alte Steintafel entschieden. (Vermutlich zeigt sie Pilger, wie sie vor der Madonna vom Dornbusch auf die Knie fallen.)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Helene Köppel

Troyes – die Kirche der Magdalena

(Fotos zum Vergrößern bitte anklicken!)

Die Kirche der Magdalena ist die älteste gotische Kirche in Troyes.

Sie stammt aus der Mitte des 13. Jh. Bei späteren Umbauten wurde sie mit einem gotischen Portal (1525) und einem Renaissance-Turm (1560) ausgestattet.

Die “Schule von Troyes”

Zwischen Gotik und Renaissance entwickelte sich in Troyes ein ganz eigener Stil – die sog. “Schule von Troyes” -, die Schlichtheit mit Eleganz verband. Ein Meisterwerk dieses Stils ist die Heilige Marthe (die Schwester der Heiligen Magdalena), die sich im rechten Arm der Vierung befindet.

Der Lettner

Zu Beginn des 16. Jh. bekam die Magdalenenkirche einen neuen Chor im sog. Flamboyant-Stil. Der Lettner (ein Trennelement in Kirchen) wurde von dem Architekten Jean Gaide unter Mitwirkung des Bildhauers Nicolas Halins – einem der Vertreter der Schule von Troyes – gebaut.

Die Fenster

Die Fenster der Magdalenenkirche von Troyes sind das Werk lokaler Glasmaler und zeugen ebenfalls von dem neuen Kunststil, der sich in dieser Stadt entwickelt hat.

Das zweite Fenster ist das sog. “Magdalenenfenster” – es zeigte Ausschnitte aus ihrem Leben, z.B. auch eine Noli me tangere – Szene:

Das berühmte Magdalenenfenster

Der fleißige Robert 

Die schöne Holzstatue rechts zeigt Robert de Molesmeeinen berühmten Benediktiner aus der Nähe von Troyes. Nachdem sich die Mönche von Saint-Michel-de-Tonnere weigerten, seine Reformversuche anzunehmen, überredeten ihn sieben Eremiten, die im Wald lebten, ihr Abt zu werden.
Zwei von ihnen reisten nach Rom, um baten beim Papst um die Erlaubnis, Robert zu ihrem geistlichen Führer zu machen. 1074 gründete Robert mit den sieben Eremiten das berühmte Kloster Molesme in Burgund – dessen Holzhütten nebst Kapelle damals im Wald standen.

1098 gründete er das Kloster Citeaux – und schon bald gab es über dreißig abhängige Priorate sowie einige Nonnenklöster.

Der Heilige Antonius mit dem Kinde (Kindles-Toni) fehlt in keiner französischen Kirche.

Die “Himmelskönigin” mit Zepter und offenem Buch

Maria als junge Mutter:

Ein letzter Blick ins KirchenInnere:

Und nach dem Verlassen der Magdalenenkirche noch ein neugieriger Blick auf das Portal:

… sowie eine Inspizierung des Kräutergartens der Maria Magdalena, der sich hinter der Kirche befindet:

Ein Streifzug durch die Katharerzeit

Welche Gründe hatten die Menschen im Mittelalter ihrer Kirche den Rücken zu kehren?

(Foto Saint-André, “Simiot” – ein Höllentier)

Neben den bereits erwähnten Glaubensunterschieden lag es an der immer weiter um sich greifenden Prunksucht und Vetternwirtschaft der Katholischen Kirche, dass sich die Menschen von ihr abwandten. Nicht wenige Priester traten mit ihrer Lebensweise, ihren Machtansprüchen, ihrer Gier, ihrem Geiz, das „wahre Evangelium“ mit den Füßen. „Sie leben vom Schweiße anderer“ – solche und ähnliche Aussagen über die katholischen Würdenträger konnte man im 12. Jahrhundert nicht nur in Südfrankreich vernehmen.

Auch aus den Liedern der Troubadoure sprach nicht selten der tiefe Hass auf Rom, der in den Herzen vieler Menschen schwelte:

„Rom, dein Netz, das weißt du wohl zu werfen und Dinge, die dir nicht gehören, wohl zu raffen, denn hinter dem Gesicht des zarten Lammes – Herz eines hungrigen Wolfes und eine Schlange unter der Mitra! Vipern und Teufel gesellen sich in deiner Kammer zu infernalischer Freundschaft!“ (Guilhem Figuera)

“Satan schickt seine Dämonen aus, um die Liebhaber zu verschwenderischen Gelagen und unzüchtigen Umwerbungen der Damen zu verleiten.”
(Aus dem Bilderzyklus des Breviari d’Amor von Matfré Ermengaud, einem 34.000 Verse umfassenden Lehrgedicht, 14. Jhd; (Quelle Netz: Informationsdienst Wissenschaft )

Die katharischen Vollkommenen (Perfekte/Parfaits) hingegen, zogen zu zweit im Land umher, barfüßig oder in Sandalen, mit einem schwarzen mönchsähnlichen Rock und Kapuze angetan. Sie hielten nichts von denen, die Reichtümer ansammelten oder das Schwert im Gürtel trugen. Sie arbeiteten auf den Feldern mit, lehrten die Kinder, pflegten die Kranken. Dabei gingen sie auf Seelenfang. Sie verbreiteten ihre gnostische Lehre und das Neue Testament, das von katharischen Gelehrten vom Lateinischen in die okzitanische Sprache übersetzt worden war. Verachteten die Katharer zu Beginn ihres Wirkens noch die Bildung, stellten sie sich bald um. Unterstützt vom Adel wurden rhetorisch begabte Anwärter zum Studium nach Paris geschickt. Studiert wurden Philosophie, Theologie, Latein, Griechisch, Arabisch, Hebräisch. Vieles wurde an das einfache Volk weitergegeben, so dass die Inquisition später behauptete. “Wer lesen kann, der MUSS Katharer sein!”

Südfrankreich und die Paratge:
Dieser Begriff bedeutet vereinfacht: Achtung vor jeder Person und Gleichheit der Seelen.  In Okzitanien gab es so gut wie keine Leibeigenen. Jeder Bauer konnte zu Grund und Boden gelangen, jeder Bürger Ritter werden. Frauen durften selbständig Handel treiben und ihre Meinung kundtun. Die Grafen teilten sich ihre Macht mit frei gewählten Konsuln.

Ein weiterer Dorn im Auge der Okzitanier waren neben der Prunksucht der Geistlichen, die hohen Abgaben. Die katharische Kirche verlangte den Zehnten nicht, während die katholische obendrein noch ein Achtel der Getreideernte einforderte.

Die Frauen im Süden Frankreichs

Auffällig war es, dass es besonders viele Frauen zu den Katharern zog, Witwen, unverheiratete Frauen, Ehefrauen, auch sie konnten sich schulen lassen, studieren, die Geistweihe erhalten und predigen – was die katholische Kirche noch heute nicht gestattet. Durch das überlieferte Recht, von der Erbfolge nicht ausgeschlossen zu sein – ein Erstgeburtsrecht gab es in Okzitanien nicht – kamen nicht wenige adelige Frauen in den Besitz der väterlichen Burg oder eines Domizils ihrer Ahnen. In diesen Katharerhäusern bildete man lange Zeit offen, später natürlich heimlich, die Kandidaten für das Consolamentum (Geistweihe) aus, dort bereiteten sich die Vollkommenen auf ihre Pflichten vor.

In einigen Gegenden Südfrankreichs gab es sogar deutlich ausgeprägte Frauenrechte, eine Art Matriarchat. Zog beispielsweise ein Mann in das Haus seiner Frau ein, so übernahm er den Namen der Schwiegermutter, die nicht selten den Ehrentitel “Na” (für Domina) trug.

Dennoch hatte die Erlaubnis der Frauen, sich zur Vollkommenen, zur parfaite, weihen zu lassen, nichts mit Emanzipation, wie wir es heute verstehen, zu tun. Die Engelseele steckte nach katharischem Verständnis in ihrem irdischen Gefängnis, dem Körper. Einen Engel wagte man sich aber ausschließlich von männlichem Geschlecht vorzustellen. Deshalb behaupteten die katharischen Gelehrten (Notlösung?), dass die weibliche Seele  durch die Geisttaufe zu einer männlichen würde.

Die Waldenser (eine weitere christliche Laienprediger-Bewegung aus dem Süden Frankreichs, gegründet von Petrus Waldes, einem reichen Kaufmann aus Lyon), dachten konzilianter über diese Fragen. Einer ihrer Vertreter, Raymond de la Cóte, bestritt ausdrücklich die Möglichkeit (und damit wohl auch die Notwendigkeit) eines solchen postumen Geschlechtswandels der Frauen. „Jeder“, sagte er, „wird in seinem eigenen Geschlecht wiedergeboren!“
Das Glaubensbekenntnis der Waldenser wich übrigens in vielen Fragen nicht annäherend so wesentlich von der katholischen Lehre ab, wie das katharische.

Roms Antwort

Roms Antwort auf diese für die katholische Kirche gefährliche Bewegung bestand aus Feuer und Schwert – und irgendwann aus Schweigen. Dem Verschweigen unbeschreiblich grausamer Vorgänge, die die fast vollständige Ausrottung der Ketzer zur Folge hatte.

 

„Der Katharismus lehrte allein die Rettung der Seele und lehnte die Welt als Werk des Teufels ab. Der Katholizismus vertrat die Erlösung des Leibes und der Seele und sah in der Welt die Schöpfung Gottes.“
(M. Benad, Domus und Religion in Montaillou, S. 310)

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