Cádiz – im Wandel der Zeiten, Teil I.

Cádiz – eine Silberne Schale?

Cádiz (160 000 Einwohner) hat viel zu bieten, nicht nur die Kultur und die besondere Lebensfreude der Gaditanos, wie man die Bewohner von Cádiz nennt. Nicht nur die Türme, die Kathedrale und die vielen anderen Kirchen der Stadt. Nicht nur die zahlreichen Buchten und Strände. Die Stadt Cádiz, durch eine Brücke mit dem Festland verbunden, begeistert auch wegen ihres besonderen Lichtes: Bei den Sonnenauf- und untergängen legt sich oft ein märchenhaftes Rosa auf die hohen weißen Häuser mit ihren Dachterrassen und – just in time! – färbt sich der Himmel rosa, safrangelb und silberblau.
Liegt es an diesen Farben, dass man Cádiz auch “una taza de plata” nennt, “eine silberne Schale” oder gar “eine Perle, in der sich das Licht des Himmels spiegelt”?
Lord Byron hingegen, der britische Dichter, meinte begeistert, Cádiz sei die “Sirene des Ozeans.”

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Cádiz – Lage und Geschichte

Cádiz, am Atlantischen Ozean gelegen – am Ende einer 9 km langen Landzunge – , ist die älteste Stadt Spaniens und somit Europas. Die gleichnamige Provinz, die sich Afrika bis auf nur 14 Kilometer nähert, ist die südlichste der Iberischen Halbinsel. Im Norden wird sie von den Provinzen Sevilla und Huelva begrenzt, im Osten von Málaga, im Südwesten vom Atlantik, im Südosten vom Mittelmeer und im Süden von der Straße von Gibraltar und der gleichnamigen britischen Kolonie.
Der Legende nach wurde die Stadt durch Herakles (Herkules) gegründet. Noch heute ist auf dem Stadtwappen die Inschrift zu lesen: “Hercules Fundator Gadium Dominatorque”.

Cádiz – in der Hand der Phönizier

Die ersten nachweislich belegten Menschen, die sich in Cádiz niederließen, waren die Phönizier. Sie errichteten um 1100 v. Chr. auf der damals noch nicht mit dem Festland verbundenen Insel “Gadir” (= die Festung) einen Stapelplatz für Zinn und Silber, das in Tartessos (nach antiker Überlieferung ein Königreich bzw. eine Hafenstadt an der Südküste westlich der Straße von Gibraltar), getauscht wurde.
Doch wer waren die Phönizier?
Ihr Name leitet sich vom griechischen phoinikes her und soll “die roten Menschen” bedeuten. Diese Bezeichnung geht auf den roten Farbton zurück, den die Phönizier aus dem Sekret der Purpurschnecke gewannen, um damit ihr Tuch zu färben. Sie selber bezeichneten sich nicht als Phönizier, sondern nannten sich nach ihren Städten, zu denen Byblos, Sidon und Tyros gehörten. Sie waren ausgezeichnete Seefahrer und beherrschten vom 9. bis zum 6. Jahrhundert v. Chr. das Mittelmeer. Neben dem teuren Purpur handelten sie mit Gold und Silber aus fremden Ländern, mit Wein und Olivenöl und dem Holz der Libanonzedern aus ihren eigenen Bergen. Sie gründeten Handelszentren und Kolonien im ganzen Mittelmeerraum und dehnten ihr Einflussgebiet immer weiter aus. Selbst das moderne Alphabet geht auf die Phönizier zurück, sowie das Wissen aus der Welt der Assyrer und Babylonier, die sie in die Hafenstädte brachten.

In Ihrem Reisegepäck befanden sich aber auch ihre Götter – wie z.B. die Göttin Astarte, deren Terrakottabüsten man heute im Museum von Cádiz bewundern kann.

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Cádiz – und die Göttin Astarte

Ein importierter Kult …

Mehrere Bibelstellen erwähnen die “Astarte der Sidonier” als eine der Gottheiten, zu deren Verehrung Salomo von seinen Frauen verführt worden ist. Die seinerzeit in Israel und Juda verehrte Gottheit war jedoch ein importierter Kult aus Phönizien. In der phönizisch-punischen Kultur wurde Astarte seit der 2. Hälfte des 1. Jt. v. Chr. als die bedeutendste weibliche Gottheit verehrt.
Antike Funde zeigen sie mit nacktem Oberkörper als lebensspendende Fruchtbarkeitsgöttin. Deutlich wird dies vor allem in Darstellungen, in denen sie ihre Brüste mit den Händen stützt. (s. nachstehendes Foto). Eine Votiv-Inschrift aus dem 2. Jh. v. Chr. spricht sie mit “Meine große (Herrin) Astarte” an. In Ägypten, wo man sie ebenfalls verehrte, stellte man sie hingegen als kriegerische junge Frau dar und gab ihr den Beinamen: “Astarte, Meisterin der Pferde, Herrin der Streitwagen.”
Die Griechen wiederum setzten Astarte mit Hera und Aphrodite gleich – und stellten sie nicht selten mit langen Locken und zwei Flügelpaaren dar (s. Abbildung oben), die über die gesamte Körperlänge reichten.
Die Römer hingegen nannten sie schlicht Dea Syria, die „Syrische Göttin“.

Cádiz – und der Gott “MELKART” (Herakles)

Melkart, 700 v. Chr. , Museum Cádiz, HLK 2022

Neben Astarte verehrten die Phönizier auch einen Gott namens MELKART (griechisch Herakles, römisch Herkules) und errichteten ihm im Westen der Insel, auf einem “heiligen Hügel”, einen Tempel aus weißem Stein und schwarzem Marmor. Vor den Toren soll ein ewiges Feuer gebrannt haben. Im Inneren gab es wohl Gebets- und Kulträume sowie eine Schatzkammer.
Dort befand sich (in griechisch-römischer Zeit) auch eine große Herakles-Statue aus Gold, mit wertvollen Edelsteinen geschmückt.
Von römischen Schriftstellern weiß man, dass zwei gewaltige Bronzesäulen vor dem Tempel standen. Diese seien die “wahren Säulen des Herakles” gewesen.

Der Melkart-Tempel von “Gadis” (oder “Gades”, latinisiert) war zu jeder Zeit aber auch für sein Orakel bekannt, seine Traumdeutungen. Hannibal soll ihn vor seinem Zug über die Alpen aufgesucht haben, und selbst Julius Cäsar suchte dort um Rat nach.
Leider wurde der Tempel im Jahr 1146 n. Chr. von einem almoravidischen* Statthalter auf der Suche nach Schätzen zerstört.

Zwei weitere Tempel auf den Inseln von “Gadis” waren der Göttin Astarte geweiht und dem Gott Baal Hammon, der von den tyrischen Phöniziern als einer der drei Hauptgötter verehrt wurde. Seine Tempel waren immer zum Himmel hin geöffnet.

*Die Almoraviden waren eine Berberdynastie, die sich auch in Spanien niedergelassen hatten (Al-Andalus), in der Zeit von 1046 – 1147.

Cádiz – der Melkart-Tempel

Der Tempel stand auf der heutigen Insel Sancti Petrie und war Melkart, dem Hauptgott der phönizischen Stadt Tyros gewidmet.
Melkart galt als Schutzgott der Schifffahrt und der Kolonisation, später sogar als Sonnengott.
(In der griechischen Sage wird er mit Herakles und bei den Römern mit Herkules gleichgesetzt.)

Und das, was vom Melkart-Tempel übrig blieb …
(Fotos HLK 2022)


Cádiz – der phönizische Hafen

In der Nähe der Markthalle kann man eine archäologische Ausgrabungsstätte besichtigen. Auf verschiedenen Ebenen sieht man (teils unter Glasabdeckungen) den Verlauf der ehemaligen Straßen und die Struktur der Häuser. Erst vor kurzem wurden die Überreste der Werften des ursprünglichen phönizischen Hafens geborgen.
An anderer Stelle entdeckte man in Strandnähe phönizische Gräber.

Phönizischer Schmuck (Replik)


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